Digitale Präsenz - Predigt oder Gottesdienst?



Es wird oft darüber diskutiert, ob man lediglich die Predigt streamen soll oder doch gleich den ganzen Gottesdienst. Für letzteres hält sich das Argument nach der Sinnhaftigkeit, wenn doch sowieso die ganze Technik bereitstünde.


Ich persönlich denke, dass es nur zwei Gründe gibt, den ganzen Gottesdienst (Infos, Lobpreis und Predigt) zu streamen. Nämlich dann,

  • wenn es sich um ein Live-Ereignis handelt, das in andere Räume übertragen wird.
  • wenn bewusst ein Publikum über das Internet erreicht werden soll, das zeitgleich zum physischen Gottesdienst zuschaut.


Es ist zu beachten, dass das Spielen oder Singen von bekannten Liedern lizenzrechtliche Konsequenzen mit sich zieht. Dies bedingt das Einhalten von Regeln und schränkt auch gleichzeitig die Auswahl ein.

Zu Archivzwecken sind Gottesdienste in der Regel nicht geeignet. Im Gegensatz zum Langzeitwert einer guten Predigt, hat ein Infoteil ein Ablaufdatum. Für Kirchen, die Videobibliotheken führen, empfehle ich, sich nur auf die Kerninhalte zu fokussieren oder sie zumindest thematisch zu trennen (z.B. nur Predigten oder nur Lieder).


Das Internet besteht aus dem konkreten Suchen und Finden. Diese Erwartungshaltung ist eine Voraussetzung: Es wird sich kaum ein Zuschauer finden, der erst mühsam mit dem Zeitbalken durch den ganzen Gottesdienst quält, um seinen erwarteten Inhalt zu finden. Gemäss einer kürzlich durchgeführten Studie soll die «Aufmerksamkeitsspanne» nur 8 Sekunden betragen – das ist denkbar wenig Zeit. So wollen wir den Menschen nicht «unwesentliche Inhalte» in den Weg legen... Und: Wird man diesem Anspruch, schnell das Wesentliche zu finden, gerecht, wird das in steigenden Zugriffszahlen bemerkbar.


Apropos Zahlen: Ob Gottesdienst oder Predigt – erstmals in der Kirchengeschichte kann man sich einen statistischen Spiegel vorhalten, um besser zu werden. Spannende Referate und packende Lieder werden mit einer grösseren Aufmerksamkeitsspanne beschenkt. Nutzen wir diese Chance und sehen sie als Herausforderung, mit unserem Angebot Jesus-zentrierter und qualitativ hochwertiger zu werden. Auf dass Gottes Reich sichtbarer und besser auffindbar wird.



Kommentare

  1. Ich denke auch, dass es unnötig ist, ganze Gottesdienste für Archivzwecke zu streamen. Während eines Lockdowns würde es jedoch Sinn machen, um wenigstens ansatzweise dem Gottesdienst feiern zu können.

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  2. Und wie wird geschaut, dass Gemeinden, die keinen Livestream anbieten können, nach einer Pandemie überleben? Immerhin wird während der Corona-Pause von Kirchen, welche mit Manpower und Technikwissen auffahren, eine Art Verdrängung ausgehen.

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  3. Wie haben die ersten Christen in der Verfolgung "überlebt"? Sie traffen sich bereits in den Häusern um zusammen Gemeinschaft zu haben, zu essen, das Abendmahl zu nehmen, Gott zu loben und in der Lehre der Apostel zu bleiben. Als dann die Verfolgung kam, waren sie sehr flexible. Weil wir den Fokus nicht auf kleinen persönlich und familiären Gruppen haben, sondern auf grösseren oftmals anonymen Gottesdiensten sind wir Null vorbereitet. Wer weiss, vielleicht werden wir auf der Welt solange Corona haben, bis wir unsere Strukturen wieder anpassen...

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